Übersetzt von Anna Moffat
Bearbeitet von Prof. Thomas Siefert
In meinem Soziologieunterricht gerieten wir kürzlich in eine hitzige Diskussion über kulturelle Aneignung, aber vor allem ein Kommentar von einem männlichen Klassenkameraden in Bezug auf Sombreros und Saris traf mich besonders hart. Dieser Klassenkamerad, inmitten einer Kritik dessen, was er für den (Welchen genau? Vielleicht „den heutigen“? Oder ist „einen“ besser als „den“?) überempfindlichen, politisch korrekten Ton hält, der heutzutage einen Kinderurlaub umgibt (Was heißt das?), sagte, dass er von einem Mädchen in einem indischen Kostüm weniger gekränkt wird als von einer Frau in einem “Playboy Bunny” Kostüm.
Und warum sollte das sein? Ist eine Frau, die einen Trikotanzug trägt, schockierender oder geschmackloser als jemand, der sich eine Kultur aneignet, zu der er nicht gehört? Wie könnte jemand durch Dekolleté beleidigter werden als durch ein Kostüm, das eine ganze Rasse stereotypisiert?
Aber dieser Mann in meiner Klasse ist nicht der Einzige, der solche Sachen sagt. Während des Halloween-Wochenendes („Halloweekend“) wurde Twitter von Männern belebt,
die sagten, dass sie der Anblick von Frauen, die für den Feiertag gekleidet sind, sie auf Söhne hoffen lässt, anstatt auf Töchter in ihrer Zukunft.
Dieser doppelte Standard um Halloween-Kostüme, wurde Anfang dieser Woche gut in einem Massachusetts Daily Collegian-Meinungsstück beschrieben. Aber Frauen zu beschämen, oder auf andere Weise zu beurteilen, wie sie sich kleiden, ist ein Thema, das weiter als nur über Halloween hinausgeht.
Letzte Woche, in der gleichen Soziologieklasse, hatten wir eine ähnliche Debatte über den inhärenten Sexismus, der in den Kleiderordnungen vieler Arbeitsplätze vorhanden ist. Während des Gesprächs argumentierte eine Klassenkameradin, dass es nicht sexistisch ist, Frauen zu bitten, ,,angemessen“ zu kleiden, und sagte weiter, dass Frauen leicht konservativere Kleidung kaufen könnten, die ihre Körper mehr verstecken könne. Eine andere Klassenkameradin erwiderte daraufhin, dass Frauen bei der Auswahl von Kleidung auf der Grundlage ihrer Großen unterschiedlich betrachtet werden könnten, und argumentierte, dass sie als Frau mit einem großen Busen Schwierigkeiten damit habe, Kleidung zu finden, die solche Merkmale minimiere. Aber sie wurde von der ersten Frau unterbrochen, denn die scharf gesagt hat: ,,Also, dann solltest du dir vielleicht einen anderen BH kaufen.“
Das Problem ist aber nicht der BH, der eine Frau getragen hat, oder wie sexy sie für das „Halloweekend“ wollte. Das Problem ist die Art und Weise, wie wir Frauenkörper anschauen, an Halloween und jedem anderen Tag. Das Problem ist die Kultur der Sexualisierung und Versachlichung, die man immer in unserer modernen, progressiven Gesellschaft finden kann.
Als ich in der sechsten Klasse war, trug ich ein neues Tank Top, das ich in der Schule zu meinem Geburtstag bekommen hatte, und das war das erste Mal, dass mein Körper jemals sexualisiert wurde. Meine Lehrerin, eine, die ich wirklich bewunderte, hielt mich in der Korridor an und sagte mir, ich solle mein Outfit wechseln. Ich ging in die Umkleidekabine und zog das Turnhemd einer Fremden an, um meine vorpubertierenden Brüste zu bedecken, und ging 20
Minuten zu spät in die Klasse, gedemütigt und ein bisschen stinkend. Als 12-Jährige wurde mir beigebracht, meinen Körper zu bedecken oder es riskieren, sexuell unangemessen gesehen zu
werden.
Das letzte Mal, dass mein Körper sexualisiert wurde, war der letzte Samstag, als ich mit meinen Freunden auf einer Halloweenparty war. Ich wurde von einem Mann angesprochen, den ich vage kannte, und nachdem er ein paar Minuten geplaudert hatte, informierte er mich nicht so beiläufig darüber, dass er ein Sportler der Division I war. Er war wirklich schockiert, als ich nicht anfing, ihn sofort zu bejammern, und sagte: ,,Es ist normalerweise viel leichter“, ein Mädchen davon zu überzeugen, sich mit ihm zu verbinden, und nannte mich ,,stur“, als ich seine Anmachversuche weiterhin leugnete. Auf dieser Party wurde mir beigebracht, dass mein Wert von meinem Körper und meiner Bereitschaft, mich sexuell zu betätigen, definiert wird.
Ich war in beiden Situationen nicht bescheiden gekleidet, aber das ist egal (und soll doch egal sein). Ich habe auch am Sonntagmorgen auf dem Campus die Pfiffe und Zurufe bekommen, als ich eine Fußballhose und ein Sweatshirt trug. Die Kleidung, die ich trage, soll keinen großen Unterschied machen, aber wenn sie es doch täte, wäre die Kleidung immer noch nicht das echte Problem. Das Problem ist, dass wir Frauen unsere Körper inhärent sexuell sehen, noch wenn das nicht die Absicht der Person ist.
Wenn so etwas wie der Harvey-Weinstein- Skandal herauskommt, fragen wir uns, wie so ein Mann existieren und Frauen so lange angreifen kann, ohne Konsequenz. Aber es gibt überall Harvey Weinsteins, und sie existieren und sind erfolgreich, weil wir sie so sein lassen. Weil wir den weiblichen Körper behandeln, als etwas, was tabu ist und verborgen bleiben muss, noch bevor die Pubertät erreicht worden ist. Weil Frauen sich dafür schämen, sich an Halloween und im Alltag ,,freizügig“ zu kleiden. Weil alle Zeichen beim Aufwachsen weisen junge Männer darauf hin, dass die Körper von Frauen keine Körper sind, sondern Dinge, die besessen, gewonnen oder missbraucht werden können. Deswegen gibt es eine schmerzhafte Dichotomie für viele Frauen, die sich entweder unwohl in ihren Körpern fühlen, oder die bequem und
selbstbewusst sind, aber dann von der Gesellschaft beschämt werden, weil sie dieses Vertrauen in der Art und Weise ausdrücken, wie sie es sich wünschen.
Es gibt einen Unterschied zwischen der Bewunderung der Schönheit und der Sexualisierung einer Frau. Ich kann euch versichern, dass all die Männer da draußen, die möchten das Erste tun, machen in Wirklichkeit das Letztere. Schätzte Frauenkörper, aber sexualisierte sie nicht: sowas setzt nur den Zyklus von Belästigung und Scham fort, den zu viele Frauen kennen.
An den Mann in meiner Klasse: Sei nicht beleidigt von einer Frau in einem sexy Kostüm – sie trug es für sich selbst, nicht für dich. Zu der Frau in meiner Klasse: Kauf keinen neuen BH, trag, was du dich bequem und überzeugt fühlen lässt. Zu meiner Mittelschullehrerin: Meine 12- jährige Schulter hätte die Ausbildung von Jungen nicht behindert, aber meine Ausbildung wurde behindert, als ich die Hälfte der Klasse verpasste, um mein Outfit zu wechseln. An den Athleten der Division I: Gib jemandem deine Zeit und Aufmerksamkeit ohne vorauszusetzen, dass du dafür etwas verdienst. Ich habe nicht darum gebeten, dass du dich von mir angezogen fühlst, noch schulde ich dir etwas, weil du es warst.
An Frauen überall: Tragt das Kostüm, in dem ihr euch an Halloween wohlfühlt, und tragt die Kleidung, die darstellt, wer ihr seid an jedem anderen Tag des Jahres. Seid selbstsicher, und hoffentlich wird die Gesellschaft Vertraulichkeit anstatt nur Sexappeal sehen.
Tess Halpern ist der Opinion / Editorial Editor und kann unter [email protected] erreicht werden.